Frankreich statt Malle – Training im Mutterland des Radsport

In den vergangenen zwei Jahren standen für meinen Sommerurlaub die Tour de France (eine Etappe angucken und selber ein paar Pässe fahren) auf dem Programm. In unterschiedlichen Besetzungen war Aufenthalts- und Ausgangspunkt St. Jean de Maurienne. Ideal, um die Pässe Glandon, Croix de Fer, Madelaine, Galibier und einige andere zu fahren. Auch Ideal, um die Tor auf diesen Pässen zu verfolgen.In diesem Jahr machte Jörg Dresbach den Vorschlag, einen kleinen Campingplatz in Ville sur Auzon aufzusuchen, um seine Stärke am Mont Ventoux zu testen. Da ich vor ca. 15 Jahren schon zweimal in der Gegend war und auch den Campingplatz kannte, war ich spontan begeistert. Am Ende waren wir zu sechst, die Endspurtler Jörg Dresbach, Frank Schnelle, Robert Doering und ich sowie zwei Bekannte. Am Tag vor der Abreise erreichte mich ein Anruf: Frank kann nicht mit, Fahrradsturz und Handbruch. Pech.Der Ort Villes sur Auzon liegt am Ausgang der Nesque Schlucht, durch die eine Straße führt, deren Steigungsprozente über 20 Kilometer moderat sind, aber imposante Ausblicke bietet. Und das gleich nach dem Tor des Campingplatzes. Noch am Anreisetag haben wir eine kleine Abendrunde in die Schlucht gedreht, um am nächsten Tag dann eine größere Runde um den Ort zu fahren, mit kleinen Pässe und natürlich dem Gorges de la Nesque, den wir dann noch etliche Male gefahren sind. Obwohl es immer schönes Wetter sein sollte, gab es ein paar kleinere Gewitter und etwas Regen, nicht so schlimm bei 25 Grad.Am nächsten Tag stand dann gleich der Mont Ventoux auf dem Programm. Ein Berg, der schon vom Dorf aus ziemlich unfreundlich aussieht.Mont VentouxEs gibt drei Möglichkeiten: Über Bedoin von Süden, der Klassiker. Über Malucenne von Westen, die große Straße oder von Sault im Osten, der Anstieg für ältere Herren, also meiner. Von unserem Campingplatz ging es erst wieder über den Gorges de la Nesque nach Sault, dort Wasser tanken und dann los. Von Sault sind es 26 Kilometer für 1200 Höhenmeter, was eher harmlos klingt. Die ersten 20 Kilometer führen denn auch mit einer eher moderaten Steigung durch Wälder bis auf  ca. 1400 Meter. Die letzten sechs Kilometer warten dann allerdings mit einer durchschnittlichen Steigung von fast 9 Prozent auf. Zusätzlich hatten wir das Pech, dass nach den Gewittern der Mistral blies, ein Wind aus den Alpen zum Mittelmeer, kalt und beim letzten Stück immer als Gegenwind.Mont VentouxDer Berg bietet oben auch keinen Schutz mehr durch Wald, sondern ist eine völlig vegetationslose Fläche aus hellem Schotter.Unnötig zu erwähnen, das Robert sich alle drei Anstiege angetan hat, und auch Jörg musste sich die Südrampe noch einmal erarbeiten.Viel spannender für mich war, die weitere Umgebung zu erkunden, die ich noch nicht kannte. So eine Umrundung des Mont Ventoux auf einer ca. 120 Kilometerrunde oder Touren in die Provence mit ihren Lavendelfelder (es war gerade Ernte) oder den vielen kleineren und größeren Pässen in den Bergen.Endsputler in Frankreich 
Nach dem Ventoux die Cevennen
Während der größere Teil der Gruppe nach einer Woche wieder zurückfuhr, sind Ralph (einer der Nicht-Endspurtler) und ich noch in die Cevennen, dem französischen Mittelgebirge gefahren. Ich kenne dort ein kleines Dorf (St. Jean de Bueges) in einem Tal, in dem es eine von Deutschen betriebene Bildungsstätte gibt, in der man sehr preisgünstig wohnen (und, wenn ein Kurs stattfindet, auch essen) kann. Das war so, deshalb konnten wir uns aufs Radfahren und einem Badetag im anderthalb Autostunden entfernten Mittelmeer konzentrieren. Robert wollte uns nicht begleiten, weil er nach der Hitzewoche vor zwei Jahren nur noch den Begriff „Tal des Todes“ für den Ort übrig hatte. Und auch der Barbesitzer, ehemaliger Radrennfahrer, fand, dass wir etwas bescheuert wären, bei der Hitze zu fahren. Es war allerdings nicht so heiß wie vor zwei Jahren. Die Landschaft ist geprägt von Hochebenen, den sog. Causses und tief eingeschnittenen Tälern, den Gorges.
Talblick 
Diese Landschaft ist sehr karg. Etwas weiter weg ändert sie komplett das Aussehen, wie wir uns bei einem Ausflug auf den Mont Aigual überzeugen konnten. Der Berg ist 1567 Meter hoch und erinnert eher an den Brocken.
 Blick vom Mont Aigual 
Auch hier war die Anfahrt 26 Kilometer lang, aber sehr gleichmäßig zwischen vier bis sechs Prozent Steigung, eine Erholung verglichen mit dem Mont Ventoux. Ein Genuss geradezu.Auf dem Rückweg haben wir die Autobahn durch das Rhonetal wegen der angedrohten Urlaubsstaus vermieden und sind über die neue Autobahn durch die Cevennen mit der imposanten Brücke über der Gorges du Tarn gefahren. Dort wird meine nächste Radrunde in Frankreich stattfinden, da bin ich sicher. 
 
Andreas Hamm